Wie hat sich in Ihrer Wahrnehmung das Verhältnis zwischen Demokratie und Medien seit der letzten Bundestagswahl verändert?
Dass Teile unserer Gesellschaft traditionellen Medien zunehmend misstrauen und ihnen einseitige oder agendagetriebene Berichterstattung unterstellen, ist keine individuelle Wahrnehmung, sondern ein Fakt. Das müssen wir als Medienhaus ernst nehmen. Gleichzeitig ist eine klare, pro-demokratische Haltung, für die wir als Unternehmen stehen, kein Widerspruch zu unabhängigem und kritischem Journalismus. Ich meine, dass transparente Kommunikation und sorgfältig recherchierter Journalismus starke Tools sind, um einer Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken. Und hierfür sind wir als Medienhaus mit über 1.700 Journalist:innen bestens aufgestellt. RTL Deutschland erreicht mit seinem breiten Angebot fast alle Menschen in Deutschland – und als nationaler Medienchampion nehmen wir unsere gesellschaftliche Verantwortung sehr ernst.
Welchen Einfluss haben die Veränderungen in der Medienlandschaft auf Ihre tägliche Arbeit?
Wir sind als Unternehmen deutlich agiler geworden und probieren gerade im technologischen Bereich viel aus. Das war für ein Unternehmen wie RTL Deutschland, das viele Jahre sein Erfolgsrezept für wirtschaftlichen Erfolg kaum verändern musste, durchaus ein Prozess. Heute ist „Change“ bei uns der Normalzustand. Wir haben glücklicherweise rechtzeitig verstanden, dass wir uns verändern müssen, um erfolgreich zu bleiben. Ein Beispiel ist unsere All-Inclusive-Streaming-App RTL+, mit der wir binnen kurzer Zeit ein weltweit fast einmaliges und innovatives Angebot umsetzen und im Markt so etablieren können, dass es heute das erfolgreichste deutsche Angebot ist. Diesen Weg, neue Angebote wie RTL+ auszubauen und gleichzeitig etablierte Angebote wie TV-Sender und Erfolgsmarken zu bewahren, gehen wir jetzt mit einer klaren Strategie weiter.
Wie muss sich die politische Kommunikation angesichts des großen Einflusses von TikTok und anderen sozialen Medien verändern, um vor allem bei jungen Menschen Gehör zu finden? Welche Auswirkungen wird das auf die Kampagnen für die Bundestagswahl im nächsten Jahr haben?
Es mag banal klingen, aber gute Kommunikation muss sinnvollerweise ihre Zielgruppen erreichen. Für junge Menschen sind soziale Medien der Haupt-Informationskanal, der daher mit entsprechender Expertise und Sorgfalt bespielt werden sollte. Das Wichtigste dabei ist aus meiner Sicht, dass auf Augenhöhe kommuniziert wird, nachvollziehbar und verständlich. Bei RTL Deutschland haben wir hierfür auf unseren B2C Social-Kanälen entsprechende News-Formate entwickelt, die bei jungen Zielgruppen sehr erfolgreich sind. Ich bin mir sicher, dass nicht nur uns als Medienhaus, sondern auch politischen Parteien die Bedeutung von Social Media für ihre Kommunikation sehr bewusst ist.
Eva Messerschmidt hat im April 2023 die Leitung der Kommunikation von RTL Deutschland übernommen. Als Chief Communications Officer verantwortet sie die interne und externe Kommunikation. Davor war sie Chief Streaming Officer des Kölner Medienunternehmens, Co-Managing Director RTL+ und Bereichsleiterin Innovation.
Foto: Eva Messerschmidt