Eine Umfrage des /amo Netzwerks, die in verschiedenen europäischen Ländern durchgeführt wurde, ergab für Deutschland: Fast die Hälfte der Teilnehmer:innen war der Meinung, dass nach der Pandemie der Erfolg eines Unternehmens eher an der Resilienz, also seiner Widerstandsfähigkeit, als am reinen Wachstum gemessen werden wird. Dies ist bemerkenswert, denn diese Aussage räumt mit der traditionellen Auffassung auf, dass sich die Managementagenda ausschließlich auf Zahlen und Effizienz konzentrieren muss, insbesondere in einem Restrukturierungsszenario.
Aber wie definiert man die Resilienz eines Unternehmens (engl.: Corporate Resilience)? Der Begriff taucht in vielen verschiedenen Diskursen auf – von der Psychologie bis zu den Wirtschaftswissenschaften und von den Sozialwissenschaften bis zur Materialwirtschaft. Resilienz wird nicht im Sinne von Stärke oder etwas „aushalten“ können verwendet, sondern um die Agilität und Schnelligkeit zu beschreiben, die erforderlich ist, um auf Rückschläge angemessen zu reagieren. Ein Unternehmen ist resilient, wenn es sich schnell an neue Bedingungen anpassen kann und „Stabilität durch Flexibilität“ beweist.
Dies ist ein großer Schritt über den Kontext der zahlengetriebenen Managementagenda hinaus, die den meisten Restrukturierungsmaßnahmen zugrundeliegt. Restrukturierungsprogramme folgen oft der Logik, dass eine gemeinsame, zeitlich begrenzte „Anstrengung“ das Unternehmen wieder auf Kurs bringt. Dies spiegelt sich auch in der Sprache wider, so werden Restrukturierungsprojekte häufig als „Fitnessprogramme“ bezeichnet und die Mitarbeiter:innen werden auf ein gemeinsames Ziel mit maximaler Leistung eingeschworen.
Unmittelbares Krisenmanagement und die Sicherung der Liquidität haben in einer solchen akuten Krise immer noch oberste Priorität. Aber auch dem „Fit machen“ eines Unternehmens für das Unvorhersehbare wird stärkere Bedeutung beigemessen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind, wie die Pandemie eindrucksvoll gezeigt hat, volatiler denn je. Verwerfungen unterschiedlichen Ausmaßes erschüttern den Markt in immer kürzeren Abständen. Die Unternehmen stehen unter einem permanenten Anpassungsdruck. Es wird daher immer schwieriger, die Rückkehr zu stabilen Verhältnissen als Ziel eines Restrukturierungsprozesses zu proklamieren. Folglich werden die Kommunikationsbedürfnisse der Stakeholder immer komplexer und erfordern mehr Aufmerksamkeit. Drei Aspekte sollten berücksichtigt werden, um die Resilienz eines Unternehmens durch angemessene Kommunikation zu stärken:
- Frühzeitige Einbindung der Kommunikator:innen:
Die Kommunikation in Unternehmen wird häufig noch darauf reduziert, die Belegschaft über bereits getroffene Entscheidungen zu informieren. Im Fall einer Restrukturierung ist dies oft zu spät. Die Kommunikator:innen müssen bei der Entscheidungsfindung mit am Tisch sitzen und gemeinsam mit dem Management die besten Optionen finden. - Ungewissheiten kommunizieren:
Auf keinen Fall sollte man in unsicheren Zeiten den Eindruck erwecken, dass man bereits Antworten auf alle Fragen hat. Stattdessen sollte man stets die Gründe für ein bestimmtes Vorgehen und die zugrundeliegenden Überlegungen erläutern sowie die Bereitschaft zeigen, auf offene Fragen einzugehen. - Verstecken Sie sich nicht:
In unsicheren Zeiten wäre es verhängnisvoll, gar nicht zu kommunizieren. Mangelnde Kommunikation kann dazu führen, dass die Mitarbeiter:innen das Gefühl haben, nicht mehr eingebunden zu sein oder nicht mehr zu wissen, was intern vor sich geht – vor allem, wenn sie im Homeoffice arbeiten. Zu kommunizieren, dass man (noch) nichts sagen kann, ist immer besser als zu schweigen. Regelmäßige Updates fördern das Vertrauen in die Akteure und in den Restrukturierungsprozess und erhöhen so die Resilienz.
Eine Kommunikation, die diese Punkte berücksichtigt, schafft Vertrauen – und hilft, eine bestmögliche Resilienz zu schaffen.
Der Beitrag erschien im /amo-Report „When will the wave break? Corporate insolvencies & restructuring in Europe“.
Foto: H/Advisors Deekeling Arndt