Die Deutschen glauben an Wirtschaft und Staat
Die aktuelle Lage der deutschen Wirtschaft ist, glaubt man Analysten, Instituten und CEOs, desolat. Der Vergleich mit dem Jahr 1929 und allem, was da war, kommt schnell – mindestens ist es die schlimmste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Interessant ist, dass diese düstere Sicht auf die zweifellos gravierende Krise nicht in diesem Ausmaß von den Beschäftigten in deutschen Unternehmen geteilt wird.
Eine Umfrage des Meinungsforschungsunternehmens civey im Auftrag von Deekeling Arndt/AMO kommt zu dem Ergebnis, dass rund 45 % der Befragten die wirtschaftliche Lage ihres Arbeitgebers als sehr gut bzw. gut bewerten. Diesen stehen rund 23 % Unentschiedene und 32 % der Befragten gegenüber, die die Lage als eher schlecht bzw. als schlecht bewerten. Dass diese Sichtweise von Branche zu Branche schwankt, liegt auf der Hand – so beurteilt etwa rund die Hälfte aller in der Automobilindustrie Beschäftigten die Lage als eher schlecht bzw. schlecht.
Vertrauen in leistungsfähige Wirtschaft und handlungsfähigen Staat
Diese vergleichsweise positive Stimmung unter den Beschäftigten bezüglich der Situation ihres Arbeitgebers ist bemerkenswert – gerade angesichts der sich gefühlt täglich verschlimmernden Lage. Woraus speist sie sich? Zum einen strahlt sie einen Glauben an die Substanz der deutschen Wirtschaft und insbesondere der Industrie aus. So war der Glaube an die Leistungsfähigkeit deutscher Unternehmen und Industrie vor Corona auf einem absoluten Höchststand. (1) Diese Überzeugungen gehen nicht von einem Tag auf den anderen verloren. Zum anderen spiegelt sich in den verhalten positiven Bewertungen bezüglich der Lage des eigenen Arbeitgebers auch ein tiefes Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates. Die vielzitierte „Bazooka“ des Finanzministers hat ihr Ziel nicht verfehlt. Die Deutschen vertrauen darauf, dass der Staat, der sich über viele Jahre dank Rekordeinnahmen eine schwarze Null leisten konnte, jetzt auch in der Lage ist, die deutsche Wirtschaft durch die Folgen einer globalen Pandemie zu führen.
Staatliches Handeln wird positiv bewertet
Milliardenbürgschaften, unbürokratische Direktzahlungen und nicht zuletzt ein deutlich ausgeweitetes Kurzarbeitergeld stärken das Vertrauen. Das zeigt sich auch deutlich in den Zustimmungswerten zu einzelnen Maßnahmen. So befürworten 73 % der Befragten Zahlungen an kleine Firmen und Selbstständige, 52 % den Aufschub von Steuerzahlungen und 47 % ein ausgeweitetes Angebot an zinslosen Krediten. Mit einem Staat, der direkt regelnd und schützend in die Wirtschaft eingreift, scheinen die Deutschen angesichts der Krise keine Berührungsängste zu haben – wohingegen lediglich 30 % der Befragten die staatliche Beteiligung an Unternehmen für eine sinnvolle wirtschaftspolitische Maßnahme halten.
(1) Statista
Detaillierte Ergebnisse der Umfrage finden Sie hier. Näheres dazu auch in der Pressemitteilung vom 07.05.2020.
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