Agilität ist das Management-Schlagwort unserer Zeit. Etablierte Unternehmen weltweit versuchen, mit der Geschwindigkeit, Dynamik und Kundenorientierung von neuen, digitalen Playern mitzuhalten. Mit der Digitalisierung geraten bisher erfolgreiche Geschäftsmodelle unter Druck, ganze Branchen stehen auf dem Prüfstand. Wer erfolgreich sein will, muss schnell und innovativ sein. Damit ist Agilität mehr als nur ein Wettbewerbsfaktor: In der digitalen Transformation wird sie zur überlebensnotwendigen Kompetenz. Denn agile Denk- und Arbeitsweisen sind eine Voraussetzung für die schnelle Integration und Umsetzung neuer digitaler Ansätze.
Das bedeutet für viele Unternehmen einen Kulturwandel. Agilität braucht flache Hierarchien, Trial & Error, kurze Entscheidungswege, abteilungs- und fachübergreifende Zusammenarbeit. Es ist weniger eine Arbeitsmethode als eine Haltung, die Raum für pragmatische Lösungen schafft, auf das Wissen vieler baut und Fehler als entwicklungsfördernd begreift. Dazu braucht es auch auf der Führungsebene einen klar erkennbaren Bruch mit einem Denken in Bereichen, Hierarchien und Kontrollmechanismen. Zudem muss der gelernte Fokus auf interne Anforderungen neu ausgerichtet werden, Richtung Kunde und Wettbewerb.
Diesen notwendigen Wandel richtig zu begleiten, ist Kernaufgabe der Kommunikation. Vier Aufgaben für das „Pflichtenheft“:
Erstens: Anforderungen konkretisieren und Veränderungsbedarf feststellen
Agilität ist eine höchst umfassende Anforderung an Unternehmen. In einem ersten Schritt gilt es zunächst zu definieren, was unter Agilität zu verstehen ist. Welche Prinzipien verbinden sich mit ihr? Was bedeuten diese generellen Prinzipien im Kontext des Unternehmens? Inwiefern unterscheiden sich die Anforderungen in den verschiedenen Bereichen und welche Grundsätze müssen alle teilen? Wo steht das Unternehmen mit Blick auf diese Prinzipien und welcher kulturelle Veränderungsbedarf ist vorhanden? Dieser inhaltliche Schritt muss zu Beginn gegangen werden. Nicht um die Anforderungen in einem neuen Werte-Kanon zu kodifizieren und erneut „in Stein zu meißeln“. Sondern um zu wissen, welche Veränderungsbedarfe in der Führung und Zusammenarbeit Gegenstand eines Austauschs zwischen Management, Führungskräften und Mitarbeitern sein müssen.
Zweitens: Neue Denk- und Arbeitsweisen erlebbar machen
Kulturwandel lässt sich nicht verordnen. Aufgabe der Kommunikation ist es daher, agile Denk- und Arbeitsweisen erfahrbar zu machen. Kollaborative Kommunikations- und Beteiligungsformate öffnen Mitarbeiter und Führungskräfte für Neues und konkretisieren gleichzeitig den Mehrwert agiler Methoden für die Organisation. Sei es zum Beispiel durch unternehmensweite Innovationstage, die ein Bewusstsein für die Herausforderungen, aber auch die Möglichkeiten der digitalen Transformation und ihre Anforderungen an agiles Arbeiten und Innovationsfähigkeit schaffen. Sei es auf Abteilungsebene durch halbtägige, stark verdichtete und ergebnisorientierte Design Thinking Workshops, in denen Führungskräfte und Mitarbeiter neue Formate der Zusammenarbeit entwickeln oder konkrete Maßnahmen für die Umsetzung strategischer Ziele erarbeiten.
Drittens: Führungskräfte für den notwendigen Rollenwechsel befähigen
Die Rolle der Führungskraft im agilen Arbeitsumfeld verändert sich grundlegend. Es geht nicht mehr darum, einzelnen Mitarbeitern konkrete Aufgaben zuzuweisen, sondern vielmehr darum, die Arbeitsfähigkeit des Teams in der Rolle eines Moderators und Kurators sicherzustellen. Kommunikation hat die Aufgabe, die Auseinandersetzung mit der neuen Führungsrolle zu organisieren. Es gilt, Führungskräfte gezielt darin zu unterstützen, Räume für neues, auch bereichsübergreifendes Denken zu schaffen. Sie müssen dafür befähigt werden, ihre Mitarbeiter zum Umdenken zu inspirieren, offene Diskussionen anzustoßen und Widerstände zu adressieren. Sei es im Rahmen von Führungskräfteveranstaltungen, die den Rahmen für das sichtbare Commitment der Unternehmensspitze zum internen Kulturwandel und einen offenen Dialog im Führungskreis zu Zielen und Auswirkungen von Agilität schaffen. Sei es gemeinsam mit HR durch Befähigungs-Angebote für Führungskräfte, um geeignete agile Methoden für die Teamführung zu ermitteln, Konsequenzen für die eigene Führungspraxis zu reflektieren und mögliche Widerstände im Team zu identifizieren.
Viertens: In der Kommunikationsabteilung anfangen
Ein Bereich, in dem agile Formen des Denkens und der Zusammenarbeit in jedem Fall Einzug halten müssen, ist die Kommunikation selbst. Sie muss Vorreiter der Bewegung sein, sie muss die Formate der Führung und Zusammenarbeit selbst erprobt und internalisiert haben. Nur wenn sie den Mehrwert der „neuen Welt“ selbst verstanden und erfahren hat, kann sie überzeugend die interne Veränderung begleiten. Dafür muss sie nicht nur Mindset und Arbeitsweisen überprüfen, sondern auch bestehende Strukturen. Gefragt ist eine Aufstellung, in der die Mitarbeiter flexibel und schnell agieren können und mit der sie innerhalb und außerhalb des Unternehmens hoch vernetzt sind. Nur so lassen sich die vielen dezentralen Geschichten der Transformation heben und entlang eines übergreifenden, verbindenden Narrativs „framen“.
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