TQ Restrukturierung

Von Julika Benz

Restruktu­rierungen fordern Unternehmen in viel­fältiger Weise heraus, ins­besondere der internen Kommunika­tion kommt eine nicht zu unter­schätzende Bedeutung zu. Diese muss Ängste aufnehmen, eine verständ­liche Zukunfts­vision bieten und zur aktiven Teil­nahme ermutigen, mit dem Ziel, die Beleg­schaft trotz bestehender Unsicher­heiten und Ängste vor einem Personal­abbau zu motivieren und zu halten.

Restrukturierungen als komplexe Kommunikations­aufgabe

Kommunikativ ist in der Restruktu­rierung eine Mammut­aufgabe. Die Viel­zahl der internen und externen Stake­holder mit spezifischen Forderungen und Bedürf­nissen, der enge recht­liche Rahmen und der häufig hohe Grad an Emotionalität ergeben eine komplexe Gemenge­lage.

Der Erfolg einer Restruktu­rierung hängt wesentlich von Mitarbeitenden und Führungs­kräften ab. Sie müssen die Restrukturierungs­maßnahmen mit­tragen und gleich­zeitig den Betrieb aufrecht­erhalten. Es gilt zudem, Talente zu fördern, damit diese die Zukunfts­vision nach erfolgter Restruktu­rierung erfolg­reich umsetzen. Wie soll das gelingen, wenn Führungs­kräfte und Mitarbeitende inner­lich auf Distanz zu ihrem Arbeit­geber gehen, im schlimmsten Fall sogar das Unter­nehmen verlassen? Studien zeigen, dass ein Personal­abbau von nur 1 % bereits zu einem Anstieg der frei­willigen Fluktuation um 30 % im Folge­jahr führt. Ein solches Szenario gefährdet den Erfolg einer Restruktu­rierung.

Ein besonderes Augenmerk muss auf den jungen Mit­arbeitenden liegen. Im Zweifel machen sie mit ein­schneidenden Maß­nahmen ihre „Erst­erfahrung“. Und ihre Generation steht wesentlich für die Innovations­kraft und Wettbewerbs­fähigkeit des Unter­nehmens von morgen.

Kommunikation hilft

In der einen Restruktu­rierungs­prozess begleitenden internen Kommunikation sollte der Fokus verstärkt auf den betroffenen Mit­arbeitenden liegen – aber nicht nur jenen, deren Arbeits­platz wegfallen soll. Es wird oftmals unter­schätzt, wie stark Restrukturierungs­maßnahmen auch die Mitarbeitenden beein­flussen, die nicht unmittelbar von Veränderungen betroffen sind. Die Gründe, die das Commit­ment zum Arbeit­geber in solchen Fällen schmälern, sind vielfältig:

  • Unsicherheit: die Mitarbeitenden fragen sich, inwieweit sie selbst und der eigene Job von Maßnahmen betroffen sind.
  • Survivor-Syndrom: Wenn andere Kolleg:innen gehen müssen, führt dies zu einem schlechten Gewissen und dem Gefühl, man selbst habe den Arbeits­platz nicht verdient.
  • Zweifel am Unternehmen: Die Zukunfts­fähigkeit und Attrakti­vität des Arbeit­gebers werden infrage gestellt.

Hinzu kommt bei Führungs­kräften häufig:

  • Überforderung: Neben Tages­geschäft und Projekt­arbeit für die Restrukturierung führt die emotionale Belastung im Zuge der Begleitung des Personal­abbaus oft zu extremem Druck.

Eine erfolg­reiche interne Kommunikation sollte auch die Frage beantworten, wie können vor dem Hinter­grund des Fachkräfte­mangels Talente im Unter­nehmen gehalten werden, auch wenn dieses in eine Schief­lage geraten ist oder kurz davorsteht. Drei Aspekte sollten dabei berück­sichtigt werden:

Eine attraktive Zukunfts­vision anbieten

Gerade aufgrund von klar definierten KPIs, die die Formel „Kosten runter – Leistung rauf“ in Maß­nahmen über­setzen, wird die Restrukturierungs­kommunikation schnell techno­kratisch und fokussiert sich auf die Problem­beschreibung. Die Fragen lauten aber: „Was kommt danach?“, „Was hat das ,Danach‘ für Mitarbeitende zu bieten?“ und „Wo liegen langfristige Vorteile für die Mitarbeitenden?“ Ein Buzzword-Bingo sollte dabei vermieden werden, denn „Flexibilität“, „Wett­bewerbs­fähigkeit“ und ähnliche austausch­bare Floskeln machen Beschäftigte miss­trauisch. Vielmehr sind konkrete Vorteile gefragt: Offshoring bringt vielleicht inter­nationale Karriere­perspektiven; Re­organisation hilft, Silos zu überwinden; einher­gehende Digitali­sierung bringt Effizienz und Arbeits­erleichterungen etc.

Die „Lähmschicht“ durchdringen

Hat das Unter­nehmen ein glaub­würdiges, weil konkretes und floskel­freies Zukunfts­bild formuliert, geht es darum, die Führungs­kräfte aller Ebenen individuell zu befähigen. Individuell meint hier: auf keinen Fall auf die Selbst­organisation der Kaskade verlassen. Spürt die erste Führungs­ebene oftmals noch den Puls des strate­gischen Manövers und ist deshalb schnell sprech­fähig, tun sich darunter­liegende Ebenen schwer mit der Vermittlung von Bot­schaften. Das Ergebnis ist die berühmte „Lähm­schicht“, das mittlere und untere Manage­ment, das nicht genug Informa­tionen erhält und so Veränderungs­prozesse verlangsamt oder im schlimmsten Fall zum Scheitern bringt. Aber genau auf diese „Front­linien“-Führungs­kräfte kommt es besonders an. Sie sind der erste Kontakt bei Fragen, Sorgen und Ängsten. Sie wissen, wie der Laden läuft und kennen „die Leichen im Keller“. Kommunikations- und Befähigungs­maßnahmen sollten daher passgenau auf diese Führungs­ebene aus­gerichtet sein. Dazu gehören ein Informations­vorsprung und eine inhaltliche und emotionale Vorbereitung auf Gespräche und Fragen. Ins­besondere die Sensibilisierung für eine mögliche Abwanderung von Talenten sollte erfolgen. Wenn Führungs­kräfte sicht­bar und zugänglich sind, dann können sie auch glaub­würdig für die Zukunft des Unter­nehmens stehen und Sorgen und Wünsche adressieren. Diese Befähigung kostet Zeit und Geld. Ein Grund mehr, ent­sprechende Maß­nahmen nicht erst bei der Implementierung der Ziel­struktur anzudenken.

Das Gefühl des Ausgeliefertseins überwinden helfen

Die Mitarbeitenden, die nach einer Restruktu­rierung bleiben, müssen die Arbeit fort­führen – meistens in kleineren Teams und mit reduzierten Mitteln. Selten werden Versuche erfolg­reich sein, notwendige Organisations- und Prozess­anpassungen rein top-down durchzusetzen. Viel lohnender ist es, Mitarbeitenden die Möglich­keit zu geben, sich an der Gestaltung neuer Abläufe und Strukturen aktiv zu be­teiligen. Auf diese Weise kann dem Gefühl, der Restrukturierung hilf­los ausgeliefert zu sein, entgegen­gewirkt werden. Die Kommunikation sollte in diesem Fall dazu anfordern, sich mit Fragen, die die Restruktu­rierung aufwirft, auseinander­zusetzen. Und sie sollte dazu entsprechende Formate anbieten. Der Umfang der Beteiligung ist konkret abzuwägen und kann zum Beispiel durch die Einbindung von Be­schäftigten in der Analyse­phase, bei der Maßnahmen­umsetzung oder beim Design des Target Operating Models erreicht werden.

Die Berücksichtigung von Ängsten und Bedürfnissen der Mit­arbeitenden, die die Restrukturierung mittragen und erfolgreich umsetzen sollen, ist eine essenzielle Aufgabe der internen Kommunikation. Dabei sollte regelmäßig über die erreichten Fort­schritte informiert sowie persönliche Perspektiven und Möglich­keiten zur aktiven Gestaltung und Partizipation aufgezeigt werden. Eine Vernach­lässigung dieser Perspektive könnte sich selbst dann rächen, wenn die Entbehrungen und Mühen der Restrukturierung längst überwunden zu sein scheinen.

Eine frühere Version des Beitrags erschien im November 2023 in Restructuring Business, Ausgabe 04_2023, hier können Sie den Originalartikel herunterladen.

Foto: iStock.com/travenian

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