Transformation Quarterly 02_2023

Ansprüche der jüngeren Generation und gesell­schafts­politische Themen fordern Top­management und IK heraus. Wir haben Ikbal Hatihan, Corporate Communications Manager bei Roche, zu ihrem Stand­punkt gefragt.

Die „Boomer“ sitzen in vielen Unter­nehmen im Top­management und sehen sich in ihrer Führungs­kommunikation mit den neuen Ansprüchen der jüngeren Generation konfrontiert. Bei aller Ungenauig­keit dieser Zuschreibungen – wo müssen die „Boomer“ umdenken, um nicht an der kommenden Generation vorbei­zu­kommunizieren? 

Ich glaube, das Stich­wort an dieser Stelle lautet: Selbst­reflexion. Wir leben in so einer schnell­lebigen Welt und die Gesell­schaft befindet sich natürlich auch im Wandel, mit all den Diskursen und der Vielfalt der Meinungen. Meine Empfehlung an die sog. „Boomer-Generation“ besteht darin, die eigenen Annahme­strukturen zu überdenken und offen zu sein für die Meinung der jüngeren Generation. Das genaue Hinter­fragen von Dingen, der Fokus auf Themen wie Nach­haltig­keit, Diversity oder Chancen­gleichheit – all das bietet auch Chancen in der Führungs­kommunikation, um die eigenen Werte kommuni­kativ sichtbar zu machen und in den Dialog zu treten mit der jüngeren Generation.

Viele junge Menschen produzieren im Privat­leben über Social Media selbst Content, bringen ihre Vor­stellungen vom Leben zum Ausdruck. Wie kann die Interne Kommunikation dieses Engage­ment nutzen? Soll sie das überhaupt? 

Das Berufsbild des sog. „Content Creators“ ist eine Disziplin für sich. Junge Menschen entscheiden sich oftmals für diesen Weg, da sie unab­hängig und eigen­ständig ihre eigene Business-Idee leben wollen. Die Interne Kommunikation sollte an dieser Stelle immer am Puls der Zeit sein, konkret: Wenn Mitarbeitende des Unter­nehmens guten Content produzieren, welcher zu den eigenen Werten und Themen passt, sollte man diesen Content in die unternehmens­eigene Kommunikations­strategie integrieren. Die Interne Kommunikation ist für Mitarbeitende von Organisationen und sie ist authentischer, wenn sie auch von den eigenen Mit­arbeitenden aktiv getrieben wird, anstelle von un­persönlichen Corporate-Texten oder Bild- / Videomaterial aus diversen Platt­formen. Die Interne Kommunikation kann diesen Content beispielsweise anlass­bezogen nutzen, wie z. B. während der europäischen Nachhaltigkeits­woche oder dem deutschen Diversity-Tag. Hier können im Rahmen von internen Kommunikations­kampagnen Mitarbeitende mit eigenen Ideen zu diesen Themen zu Wort kommen, z. B. mit einem Video, Blog­beiträgen oder auch einer internen Podcast-Folge. Ich glaube, es gibt an dieser Stelle eine große Anzahl von kreativen Möglich­keiten, um dieses Engage­ment zu nutzen.

Ihnen persönlich liegt das Thema Diversity sehr am Herzen. Fernab der üblichen Gender-Debatte – welchen „Bias“ stellen Sie trotz der wachsenden Offen­heit gegen­über dem Thema in der Kommunikations­branche immer noch fest? 

Manchmal habe ich das Gefühl, dass Kommunikations­leute dieses Thema nur halbherzig angehen und selbst keine Bereit­schaft mitbringen, sich in diesem Bereich weiter­zubilden. Unsere Branche ist sehr homogen und sehr weiß – meistens findet man auf Branchen­events fast jedes Jahr dieselben Speaker, die nicht gewillt sind, ihre eigenen Privilegien zu über­denken und nicht sicht­baren Gruppen den Vortritt zu lassen. Auch die Gleichung viele Arbeitsjahre = guter Kommunikations­mensch kann ich manch­mal nicht ganz nach­voll­ziehen, da bei fehlender Motivation sich weiter­zubilden Kompetenzen teilweise nur sehr unzu­reichend vorhanden zu sein scheinen. Ich glaube, die Menschen in unserer Branche können sich die Frage stellen, welchen Beitrag sie individuell für das Thema Diversity leisten. Das kann gender­inklusive Sprache sein, aber auch soziale Herkunft oder Inklusion. Ich bin der festen Über­zeugung, dass gute Kommunikations­arbeit nur gelingt, wenn man gesell­schafts­politische Themen mit einem ehrlichen Interesse an dem Thema durchdringt.

 

Ikbal Hatihan arbeitet als Corporate Communications Manager mit den Schwer­punkten Führungs­kräfte­kommunikation, Change & Interne Kommunikation bei Roche. Nach einem Wirtschafts­studium in Nürnberg und Istanbul wurde sie 2020 als eine der 100 hellsten Köpfe der PR ausgezeichnet. Seit 2021 ist sie zertifizierte Diversity Managerin – ihr persönliches Herzens­thema. Ihre Passion für Diversität und Inklusion bringt sie neben ihrem Job ehren­amtlich als Beisitzerin im Landes­vorstand Bayern der DPRG (Deutsche Public Relations Gesellschaft) voran.

Foto: Ikbal Hatihan

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