Nicht nur Kommunikator:innen wissen: Hinter ESG steht ein sehr breit gefächertes Themenspektrum vom Energiemanagement über Chancengleichheit bis zu Fragen der Vergütung. Gemein ist allen Themen, dass sie wesentlich für die gesellschaftliche Akzeptanz eines Unternehmens sind und über Wohl und Wehe der Unternehmensreputation entscheiden können. Die Beweisführung dafür, dass man alle Themen im Griff hat, obliegt oftmals der Kommunikation. Und die tut gut daran, sich zunächst ein solides Themenfundament aufzubauen.
Wir wagen einen Blick hinter die Kulissen eines repräsentativen deutschen, aktiennotierten Unternehmens: Einmal jährlich – meist um die Zeit der Geschäftsberichterstellung - kommt Hektik auf. Es müssen Zahlen, Daten, Fakten zusammengetragen werden. Die Kolleg:innen, die diese zuliefern, laufen sich im Berufsalltag eher selten über den Weg. Sie verantworten Finanzkennzahlen, HR-Kennzahlen, sind im Bereich Compliance unterwegs, sind Strateg:innen, Vertreter:innen von Stabsstellen, Kommunikation … Kein Wunder: Kaum ein Reporting hat eine solche inhaltliche Bandbreite wie ein ESG-Report – selbst, wenn er im CSR-Gewand oder als ESG-Kennzahlenseite im Geschäftsbericht daherkommt. Und so liegt vor der Kommunikations- / IR-Abteilung eine umfangreiche Sortier- und Ordnungsaufgabe.
Die Zahlen sind aber nur die Informations- und Berichterstattungsseite einer deutlich anspruchsvolleren Kommunikationsaufgabe. Für eine überzeugende externe und interne Kommunikation braucht es eine Klammer über all den Kennziffern und Aktivitäten. Eine Erzählung, die das Wirken und die Haltung des Unternehmens formuliert und in Beziehung setzt zu den gesellschaftlichen Erwartungen mit Blick auf die großen Zukunftsfragen. Nur so wird daraus ein stabiler Absprungpunkt für eine wirkungsvolle Nachhaltigkeits- / ESG-Kommunikation. Worum geht es dabei im Kern?
Ein klares Nachhaltigkeits- / ESG-Profil
Wie bei vielen anderen Themen geht es auch bei der Kommunikation zur Nachhaltigkeit nicht darum, einfach nur Aktivitäten attraktiv und verständlich aufzubereiten. Zunächst einmal geht es um strategische Einschätzungen: Wo liegen in der Vielfalt der Themen Chancen für die eigene Profilbildung, wo Risiken für die Reputation? Wo ist das Unternehmen „lieferfähig“ und wo liegen Risiken? Welche Themen besetzt der Wettbewerb? Wo entstehen im (gesellschafts-)politischen Diskurs oder am Kapitalmarkt drängende Themen, auf die das Unternehmen in seiner ESG-Kommunikation Antworten geben muss? Nur wer diese Fragen für sich beantwortet hat, kann ein Profil herausbilden, das die Chance hat, (auch Kritiker:innen) zu überzeugen.
Ein übergreifendes Narrativ
Neben den harten Profilfragen hilft auch eine erzählerische Ebene, das eigene Nachhaltigkeits-Engagement unterscheidbar zu machen und damit aufzuladen. Warum ist Nachhaltigkeit ein echtes Anliegen? Wo lassen sich überzeugende Bezüge zur Historie und der besonderen Qualität des Unternehmens setzen? Welche Haltung und welches Mindset stehen dahinter und wie lässt sich das auch mit Persönlichkeiten aus dem Top-Management verknüpfen? Und natürlich: Auf welchen Purpose lässt sich der eigene Anspruch verdichten?
Sichtbare Leuchttürme
Am Ende braucht jeder Anspruch, jede Zielsetzung die nachvollziehbare Beweisführung im Konkreten. Aber nicht als Verweis auf die entsprechenden Seiten im Geschäftsbericht. Sondern in Form einer Kommunikation, die Leuchtturmprojekte intelligent nutzt, um das eigene Wirken glaubwürdig zu untermauern. Eine Kommunikation, die Managemententscheidungen identifiziert, die zeigen, dass der Anspruch ernst gemeint ist. Eine Kommunikation, die (aktuelle) Themen identifiziert, zu denen das Unternehmen einen sinnvollen Dialog anstoßen und eine klare eigene Position beziehen kann oder durch Studien eine notwendige gemeinsame Faktenbasis schafft.
Eine Nachhaltigkeits- / ESG-Kommunikation, die nach außen Strahlkraft und nach innen Identifikation schaffen soll, muss also deutlich mehr machen als von den verschiedenen Bereichen und Kolleg:innen Zahlen einzusammeln. Es geht darum, einen Involvement-Prozess zu organisieren und inhaltlich zu führen, der ein gemeinsames Verständnis des „Big Pictures“ und der gemeinsamen übergreifenden Unternehmensziele schafft und die verschiedenen Aktivitäten in eine Erzählung einsortiert.
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