Transformation Quarterly

Von Constance Chucholowski

Der Inflation Reduction Act (IRA), das US-Gesetz zur Reduzierung der Inflation, setzt neue Standards in der Klima­politik. Die historischen, im IRA festgelegten Investitionen werden auch nach den Ergebnissen des Mid-Terms im November kaum zurück­genommen werden. Die EU – hier insbesondere Unter­nehmen, die den Klima­wandel beeinflussen oder eine Schlüssel­rolle bei der Minderung des Klima­wandels spielen – sollte nicht darauf setzen, dass die Republikaner Präsident Bidens Erfolge in der Klima­politik bald wieder zurück­schrauben werden, auch nicht nach der Präsident­schafts­wahl 2024.

Stattdessen sollten sie sich mit den störenden Effekten des IRA auf den für einen wirkungs­vollen Klima­schutz notwendigen Multi­lateralis­mus beschäftigen. Denn während die „ver­sehentlichen“ protektio­nistischen Aspekte des IRA neue Klima­schutz­maßnahmen der EU oder eine stärkere Integration beim Handel zwischen den Vereinigten Staaten und der EU nach sich ziehen könnten, würden protektio­nistische Maß­nahmen unter einer möglichen Trump-Regierung 2.0 mit ziem­licher Sicher­heit zweck­dienlich eingesetzt werden.

Der IRA ist ein Gesetz von historischer Bedeutung, sowohl in seiner Tiefe – er beinhaltet Investitionen im Wert von 396 Milliarden USD und soll bis 2030 CO2-Emissionen auf Werte von 40 Prozent unterhalb des Niveaus von 2005 reduzieren, als auch in seiner Weite – er verbindet eine saubere Energie­zukunft und Energieunabhängigkeit, als auch in Bezug darauf, wie er zustande kam – die Biden-Regierung und der Kongress haben ihre Unter­stützung für die Gesetz­gebung über mehrere Monate aus­ge­handelt und innerhalb eines begrenzten Rahmens ein Gesetz ver­ab­schiedet, statt es bei einer weniger zukunfts­sicheren Verordnung zu belassen. Jetzt wird das amerika­nische Finanz­ministerium bei der Aus­arbeitung der im IRA fest­gelegten Steuer­ver­günstigungen in Höhe von 270 Millionen USD die zentrale Rolle spielen.

Trotz sofortiger Drohungen der Republikaner, den IRA wieder rück­gängig zu machen, ist es unwahr­scheinlich, dass die neu gewählte republi­kanische Mehr­heit im Kongress damit Erfolg haben wird. Einige der Regelungen im IRA finden bei der republi­kanischen Basis durchaus Anklang; Investitionen in eine grüne Energie­versorgung und saubere Produktions­prozesse könnten sich für konservative Gemeinden schon bald als Segen erweisen. In einem solchen Fall könnte es poli­tisch un­populär werden, Subventionen, die direkt zur Schaffung von Arbeits­plätzen führen, wieder zurück­zu­nehmen. Die Biden-Regierung muss letztlich den IRA so schnell wie möglich umsetzen, um sowohl die positiven Auswirkungen auf den Klima­schutz als auch seine wirt­schaftlichen Effekte optimal zu realisieren.

Eine größere Bedrohung als die Rücknahme des IRA durch die Republikaner stellt der Streit zwischen den Ver­einigten Staaten und der EU aufgrund des protektio­nistischen Charakters der Subvention von Elektro­fahr­zeugen dar. Einer­seits hat diese Maßnahme das Potenzial, die EU und ihre Mitglieds­staaten zur Entwicklung einer längst über­fälligen ambitionierten Klimapolitik zu motivieren. Andererseits wird die Infrage­stellung eines zum Kampf gegen den Klimawandel erforderlichen Multi­lateralismus durch den IRA Auswirkungen auf die Fort­schritte bei der welt­weiten Reduzierung von CO2-Emissionen haben. 

Die US-Klima­politik wird aufgrund der republi­kanischen Mehr­heit im Repräsentanten­haus ab 2023 kaum einen direkten Rück­schlag erleiden. Sollte jedoch nach der Wahl 2024 wieder ein Republikaner ins Weiße Haus einziehen, wird sich die EU wohl auf weitere protektio­nistische Maß­nahmen einstellen müssen, die unmittel­bare negative Aus­wirkungen auf den Klima­schutz haben werden. Während Präsident Biden noch signalisiert, dass beim IRA keine Absicht bestand, die Verbündeten der USA zu blockieren und eine US-EU-Lösung bei den Subventionen greifbar scheint (Stand 02.12.2022), wird eine mögliche zukünftige republi­kanische Regierung protektio­nistische Maß­nahmen gegenüber der EU mit voller Absicht einsetzen.

Constance Chucholowski, Vorsitzende der Democrats Abroad in Berlin, ist politische Kommunikations­beraterin, Gründerin & Geschäfts­führerin von Candid Public Affairs.

Foto: iStock.com/cezars

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