Der 24. Februar offenbarte schlagartig einen blinden Fleck im Strategie-Denken deutscher Unternehmen. Szenarien-Denken auf Grundlage geopolitischer Entwicklungen? Wirtschaftliche und unternehmerische Interpretation geopolitischer Machtkonstellationen? Weitestgehend Fehlanzeige. Geopolitik als strategische Determinante unternehmerischen Handelns wurde weitgehend ausgeblendet.
Darin zeigt sich auch ein kollektives Versäumnis von Strategie-Beratungen und Megatrend-Forschung über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg. Auch jetzt noch – vier Monate nach dem Überfall auf die Ukraine – fehlen grundsätzliche Analysen zur neuen strategischen Relevanz von Geopolitik. Dabei sind Antworten auf die neuen geopolitischen Grundsatzfragen im Rahmen der Strategieerklärung dringend notwendig.
Bisher gab es bei allen Stakeholdern keinen großen Anlass, entsprechende Fragen zu stellen. Strategie als geopolitikfreie Zone war in Corporate Germany überwiegend Konsens. Doch das wird sich in den nächsten Monaten ändern. Grenzenlose Globalisierung als unhinterfragtes Paradigma unternehmensstrategischen Denkens scheint mit einem Schlag zerstört. Stakeholder werden eine geopolitische Reflexion für die Erklärung von Strategie und Ausrichtung des Unternehmens in den nächsten Jahren zunehmend einfordern.
Was das alles konkret heißt und bedeutet, ist heute nur ansatzweise erkennbar. Eines aber scheint klar: Die Grundmuster unternehmerischen Strategie-Denkens in Deutschland müssen überprüft und erweitert werden. Und: Auf die Unternehmenskommunikation kommt viel Arbeit zu.
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