Transformation Quarterly

Von Volker Heck

Transformations­prozesse sind vielschichtig und vor allem eines: keine Einbahn­straße. Dies hat der jüngste Klimagipfel im ägyptischen Scharm-el-Scheich noch einmal ausdrücklich unter Beweis gestellt. Während sich der Fortschritt bei den Verhandlungen zur CO2-Minderung im Schnecken­tempo vollzog, wurden am Rande der Konferenz zwei Dutzend große neue Gas­liefer­verträge ausverhandelt. Zu dieser fossilen Renaissance gehören anderer­seits aber auch die wachsenden inter­nationalen Proteste von Klima­aktivist:innen, die eine zunehmende gesellschafts­politische Zerrissenheit in Klima­schutz­fragen deutlich machen. Bei aller berechtigten Kritik an manchen Straßen­blockaden: Gerade die westliche Welt hat seit der Rio-Konferenz 1992 alle ihre verbindlichen Zusagen zum Klima­schutz konsequent nicht eingehalten. Die Kritik ist berechtigt, die Form der Auseinander­setzung sicher weniger.

Wie wenig jedoch einfache Antworten zur Erklärung des Verhaltens junger Menschen passen, zeigen die Zahlen unserer Civey-Umfrage, auf die sich auch Dario Schramm in seinem Beitrag bezieht. Zwar dominieren medial die Bilder der „Letzten Generation“ und ihrer Protest­aktionen. Die Zahlen zeichnen aber ein anderes, bipolares Bild unter den Erwerbs­tätigen der Gen Z. Differen­zierende Meinungs­bilder wie bei anderen Alters­gruppen gibt es hier nicht – eine kommunikative Heraus­forderung für Politik, Gesellschaft und Unter­nehmen.

Statt eines seit langem ange­kündigten beschleunigten Klima­schutzes dominiert nun seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine die Sorge um eine sichere und bezahlbare Energie­versorgung die hiesige Diskussion. So sagt in unserer Civey-Umfrage jeweils eine Mehrheit von Mitarbei­tenden wie auch Arbeit­gebern bzw. Selbst­ständigen, dass sie wirtschaft­lichem Wachstum und einer verläss­lichen Energie­versorgung eine sehr hohe Priorität geben. Die Zustimmung hierzu ist quer durch die befragten Alters­kohorten größer als der gegenwärtige Wunsch nach Ein­haltung der Klima­ziele. Konsequenter­weise sind viele auch bereit, für eine sichere Energie­versorgung fossile Energien auch aus solchen Ländern zu beziehen, die wegen möglicher Menschen­rechts­verletzungen kritisiert werden. Unschwer kann man sich ausmalen, wie eine solche Frage noch vor einem Jahr mehr­heit­lich beantwortet worden wäre.

Dieses Spannungs­verhältnis zwischen Versorgungs­sicherheit und Klima­schutz wirkt sich auf Vertreter:innen und Lenker:innen aus Politik und Unter­nehmen gleicher­maßen aus. Während sich Bundes­wirtschafts­minister Habeck seit Februar 2022 vor allem inter­national – auch in Katar – um Alter­nativen zu russischen Gas­bezügen kümmern muss, stehen Unternehmens­lenker:innen vor der Entscheidung, wie mit den zugesagten und gesetzlich normierten Klima­zielen in Anbetracht der Gas­krise umzugehen ist. Thorsten Schäfer-Gümbel, Vorstands­sprecher der staatlichen Gesellschaft für Inter­nationale Zusammen­arbeit GIZ, bezieht in unserem Interview dazu klar Stellung. Er warnt davor, den Blick für die großen Transformations­fragen unserer Zeit, wie den Klima­wandel, durch tages­aktuelle Sorgen aus dem Blick zu verlieren. Das wird die Probleme nur vergrößern und verteuern.

Aus dem Dilemma eines kurz­fristig erhöhten Bedarfs an fossiler Energie und dem in Deutsch­land gesetzlich vorgegebenen Ziel der Klima­neutralität bis 2045 gibt es nur einen Ausweg: beschleunigte Investitionen in Erneuer­bare Energien und deutlich verstärkte Anstrengungen zur Energie­einsparung. Nur so wird die Energie­wende ein Erfolg und nur so lassen sich neu entstehende Gräben in der Gesell­schaft lang­fristig befrieden. Unternehmen ihrerseits müssen dieses Spannungs­feld der gesell­schaft­lichen Diskussion aufgreifen: deutlich machen, welchen konkreten Beitrag sie im Rahmen bindender und mehr­jähriger Zusagen für den Klima­schutz leisten und wie ihr Handeln zugleich dazu beiträgt, die Sicher­heit für Liefer­ketten, Wert­schöpfung, Arbeits­plätze und Energie­versorgung zu erhöhen. Denn Transformations­prozesse sind viel­schichtig und vor allem eines: erklärungs­bedürftig.

Unternehmen zu beraten, ihre Transformation durch Kommunikation zu gestalten, ist unser Gründungskern. Und bis heute ist es unsere DNA.

Mit dem vierteljährlich erscheinenden Transformation Quarterly (TQ) geben wir einen Einblick in unsere Arbeit, bieten prominenten Akteur:innen eine Plattform und geben Denkanstöße – untermauert mit exklusiven Zahlen des Umfrageinstitutes Civey. Wenn Sie Interesse an den großen Transformationsthemen unserer Zeit haben, melden Sie sich gerne hier für das TQ an.

Foto: iStock.com/Neil Bussey

Ansprechpartner:innen

Frostige Zeiten – eine Civey-Umfrage zur Energiekrise

weiterlesen
 

Drei Fragen zu den großen Transformationsthemen unserer Zeit an Thorsten Schäfer-Gümbel

weiterlesen
 

Die „Letzte Generation“ sorgt für ein verzerrtes Bild

weiterlesen
 

Die USA heben den Standard in der Klimapolitik und setzen die EU unter Druck

weiterlesen
 

Der klimapolitische Kurs der EU nimmt Fahrt auf

weiterlesen